Auszug I aus „Wir sind Krise“, Band I

„Ich verstehe unter ‚Moral‘ ein System von Wertschätzungen, welches mit den Lebensbedingungen eines Wesens sich berührt.“ Friedrich Nietzsche

„Moral“ ist ein von einer geistigen Elite oder von einzelnen zum Zweck der Gliederung der Gesellschaft und der Kontrollierbarkeit der Mehrheit geschaffenes, aus höchsten Werten und diesen diametral entgegengesetzten „Unwerten“ (Erich Neumann) hierarchisch konstruiertes Wertesystem; aus Werten, denen, sobald zur Herrschaft gebracht, normative Geltung zukommt, und deren Inhalt und Form durch die Lebensbedingungen eines Volks bzw. eines Individuums immer wesentlich mitbestimmt werden. Moralverursachte Krisen entstehen, sobald ein herrschender Wert, zum Beispiel ein Ideal, einer Veränderung im Wege steht – genauer: entgegenwirkt –, die für einen einzelnen oder für ein Kollektiv von existentieller Bedeutung ist; sie dauern, bis sich ein der eingetretenen Veränderung gemäßer Wertewandel vollzogen hat, in der Regel also ziemlich lange.
Wer vermag schon alte Überzeugungen und Gewohnheiten von heute auf morgen loszulassen, wer verzichtet schon auf vermeintlich unverzichtbare Privilegien? Nein, meistens hält man während eines Wertewandels, bewußt oder unbewußt, noch einige Zeit an dem Wert, der sich „überlebt“ hat, fest, obwohl die Bewältigung der Krisensituation dadurch verhindert, der Umbruch blockiert wird. Etwa, wenn sich bei einem reaktionären Geist ein Wandel der inneren Einstellung vollzogen hat und er an einer Tradition aus Angst oder Gewohnheit festhält, obwohl er an den Folgen psychisch erkrankt. Oder wenn ein Apologet des Fortschrittsglaubens in einer gesellschaftlichen Krisensituation wider besseres Wissen ausschließlich auf moderne Ideale als Mittel der Bewältigung setzt, obwohl die Krise dadurch nicht überwunden, sondern verlängert wird.
Dieses regelmäßig wiederkehrende Phänomen – das widersinnige Festhalten von einzelnen und Gruppen am Unzweckmäßigen, Dysfunktionalen – beruht nicht in erster Linie auf menschlichem Unvermögen, sondern auf der Wirkung der Moral. Ideale, Prinzipien, Tugenden sind ja nicht etwas, das man sich nach Belieben anschafft und ablegt. Im Gegenteil. Einmal zur Herrschaft gelangt, fordern sie unbedingten Gehorsam. Jede Moral befiehlt, alle herrschenden, moralisch sanktionierten Werte sind Imperative. Sie sind nicht relativierbar; sie tyrannisieren! –
Was sind moralisch sanktionierte Werte? Idealvorstellungen vom Menschen, die man jenseits von Werden und Vergehen als höchste unveränderliche Leitbilder eines richtigen und guten Lebens aufgestellt hat, als Sinn und Zweck des Lebens jedes einzelnen. Was sind moralisch sanktionierte Werte? Die um das herrschende Menschideal gruppierten Normen richtigen und falschen Verhaltens, die unbedingte Geltung beanspruchen und, einmal internalisiert, zu psychisch wirksamen Verhaltensimperativen „mutieren“ – zu den Geboten und Verboten des Über-Ichs –, die das Verhalten jedes einzelnen großteils ohne Mitwirkung des Bewußtseins steuern.
Was sind herrschende Werte? Verabsolutierte „Einzelaspekte des Gesamtaspekts Mensch“ (Nietzsche), die auf Kosten aller anderen Seinsmöglichkeiten des Menschen herrschen, bis sie durch andere Werte respektive „Werteplacebos“, die zur Herrschaft gelangen, gewaltsam verdrängt und ersetzt werden: sei es im Vollzug von Wirtschaftskriegen oder politisch-sozialen Revolutionen, sei es durch technische Neuerungen oder klimatische Veränderungen. (Unter „Werteplacebos“ verstehe ich alle gehaltlosen, weder Verstand noch Gefühl noch Instinkt nährenden „Glasperlen des Geistes“, zum Beispiel Börsenkurse.)
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß moralbedingte Umwälzungen in der Regel große Erschütterungen auslösen und als Krisensituationen wahrgenommen werden. Ich präzisiere meine Definition: Moralbedingte Krisen bezeichnen die kritischen Höhepunkte in der Dramaturgie eines Wertewandels. Sie dauern, bis sich eine (geschichtliche) Wende, ein Umbruch, eine Machtverschiebung im herrschenden Wertegefüge vollzogen hat und eine Neuordnung der Machtverhältnisse erfolgt ist.

Politische Krisen, an denen mehrere Konfliktparteien beteiligt sind, führen aber nicht immer zu einer Neuordnung der Macht, sondern mitunter zur Wiederherstellung des Status quo, wie er vor dem Ausbruch der Krise geherrscht hat. Daß eine Wiederherstellung des Status quo ante tatsächlich möglich ist, bezweifle ich aber. Meiner Einschätzung nach bedeutet eine Wiederherstellung des früheren Zustands immer auch die Inkaufnahme von Machtverschiebungen, die anfangs eventuell noch nicht sichtbar sind, aber nach und nach in Erscheinung treten und sich auf die eine oder andere, oftmals überraschende, Weise auswirken.
Aus machiavellistischer Perspektive ist es selbstverständlich Unsinn, Krisen nur als (politischen) Notstand, als etwas Negatives zu begreifen. Vielmehr stellt eine gezielt herbeigeführte innen- oder außenpolitische Krisensituation ein besonders effektives und von den Herrschenden daher gern eingesetztes Mittel dar, um die eigene Vormachtstellung zu erhalten oder auszubauen, eine Veränderung der Machtverhältnisse zum eigenen Vorteil herbeizuführen. Wirtschafts- und Finanzkrisen werden dazu genutzt, den Abbau sozialstaatlicher Strukturen voranzutreiben und strukturelle Veränderungen des politisch-industriellen Machtkomplexes durchzusetzen, die den Interessen der Bevölkerungsmehrheit zuwiderlaufen.
Die ökonomischen Zusammenhänge, wie sie etwa von Karl Marx analysiert und beschrieben worden sind, interessieren hier jedoch nur am Rande. Mein Thema ist die moralbedingte Krise. Ich lege dar, warum sie zu einem Dauerzustand in den modernen westlichen Gesellschaften geworden ist.

„Ritual abuse and mind control is happening.“

„Ritual abuse and mind control is happening. (…) Each case is a mini-Holocaust of torture.“ Joseph Schwartz, training therapist and supervisor at „The Bowlby Centre“, London

Die reaktionären, antiaufklärerischen Kräfte in Deutschland gewinnen, wie man weiß, immer mehr an Boden, so daß das gesellschaftliche Klima immer rauer wird. Davon profitieren natürlich auch all jene Organisationen und Kreise, die dafür verantwortlich sind, daß organisierte Formen der Gewalt wie „Mind-Control“ (Definition weiter unten im Essay) und „rituelle Gewalt“ auch hierzulande existieren. Sie profitieren davon, weil es in einem Klima der Angst und des Hasses leichter ist, die Erfahrungsberichte Betroffener in der Öffentlichkeit zu diskreditieren – etwa, indem sie behaupten, es handle sich bei diesen Berichten um nichts weiter als um die Einbildungen phantasiebegabter Irrer – und den Prozeß der Aufklärung über diese organisierten Formen der Gewalt, die dazu dienen, „Menschen mental zu versklaven“ (H.U. Gresch), zu verlangsamen.
Und nicht nur das. Es erleichtert diesen Kreisen leider auch das heimliche und unmittelbare Vorgehen gegen Betroffene. Durch die systematische Ausübung von Psychoterror beabsichtigen sie zum Beispiel, die Betroffenen zu retraumatisieren und so für immer zum Schweigen zu bringen.

Ich gebe hiermit  bekannt, daß ich zur Zeit selbst von einer solchen schwerkriminellen Gruppe terrorisiert werde. Sollten meinen Freunden oder Familienangehörigen in Zukunft irgendwelche unschönen Dinge widerfahren, oder sollten sie sogar bedroht oder terrorisiert werden, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß dies von eben jenem Personenkreis verursacht wird, der mir nunmehr schon seit geraumer Zeit zusetzt. Diese Bekanntmachung habe ich an all jene Institutionen versendet, die an der Aufklärung über rituelle Gewalt beteiligt sind. Zudem habe ich die Hintergrundinformationen über „meinen Fall“ bei verschiedenen Personen hinterlegt.

Allen, die mehr über „Mind-Control“ und „rituelle Gewalt“ wissen wollen, seien folgende Seiten empfohlen: die Seite des Vereins Lichtstrahlen Oldenburg e.V. , die Seite des Infoportals Rituelle Gewalt und die Seite endritualabuse der US-amerikanischen Psychologin Ellen P. Lacter.
Zudem füge ich einen Essay an, in dem ich die Phänomene rituelle Gewalt und Mind-Control in einen Zusammenhang mit dem in der westlichen Welt seit Jahrtausenden gesellschaftlich sanktionierten Kindesmißbrauch stelle. Ich beziehe mich in diesem Essay auf drei wissenschaftlich fundierte Arbeiten: 1) auf das Buch Hypnose. Bewußtseinskontrolle. Manipulation des Psychologen Hans Ulrich Gresch, dessen in diesem Buch getroffene Kernaussage ich voll und ganz bestätigen kann, 2) auf Alice Millers Arbeit Du sollst nicht merken und 3) auf das Buch Ritual Abuse and Mind Control, The Manipulation of Attachment Needs, das vom renommierten „Bowlby Centre“ herausgegeben wurde und in wissenschaftlicher Hinsicht wohl mit zum besten gehört, was über diese Thematik veröffentlicht wurde.

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„(…) Damit bin ich bei einem zentralen Punkt für mein Thema angelangt: dem allgegenwärtigen, im Namen der Erziehung gesellschaftlich sanktionierten Kindesmißbrauch in der westlichen Welt.
Wer glaubt, daß die Methoden der „Schwarzen Pädagogik“ der Vergangenheit angehören, irrt gewaltig. Nie zuvor gab wissenschaftlich ausgefeiltere Methoden als heute, Kinder zu dressieren, also ihren Willen zu brechen und ihr „wahres Selbst“ durch ein „falsches Selbst“ (A. Miller) zu ersetzen. Zunächst eine Begriffsklärung. Alice Miller schreibt: „Unter der Schwarzen Pädagogik verstehe ich eine Erziehung, die darauf ausgerichtet ist, den Willen des Kindes zu brechen, es mit Hilfe der offenen oder verborgenen Machtausübung, Manipulation und Erpressung zum gehorsamen Untertan zu machen.“
Das trifft es im Kern genau, auch wenn die Ziele mancher Organisationen darüber hinausgehen, zum Beispiel jene des Militärs, der Geheimdienste oder auch jene verschiedener destruktiver (Psycho-)Sekten und Kulte. Denn mit der Art von Dressur, die man im angelsächsischen Sprachraum torture-based mind control nennt, folterbasierte Bewußtseinskontrolle, will man aus Menschen nicht „bloß“ gehorsame Untertanen machen, sondern hörige Sklaven, die derart „programmiert“ sind, daß sie den in ihr Unbewußtes eingepflanzten Befehlen auch dann marionettengleich gehorchen, wenn es sie das Leben kostet oder wenn sie dafür ihre Integrität opfern müssen.
Es versteht sich von selbst, daß alle Organisationen und Institutionen, die Mind-Control-Experimente an Menschen durchgeführt haben und auch weiterhin durchführen, vehement abstreiten, derlei getan zu haben und zu tun; tatsächlich geschieht es aber, stets unter Ausschluß der Öffentlichkeit und häufig auch im Namen der „nationalen Sicherheit“!
Und weshalb geschieht es? Es existieren viele Motive, die solche Gruppen antreiben; ich will hier nur auf eines näher eingehen. Während des Kalten Krieges war das Militär überaus interessiert daran, auf ein Kontingent willenloser Befehlsempfänger zurückgreifen zu können, die man bei Bedarf auch in ein nuklear kontaminiertes Gebiet entsenden kann. Überhaupt das Militär: Seitdem man im Ersten Weltkrieg die Erfahrung gemacht hatte, daß viele Soldaten den Belastungen der modernen Kriegsführung an der Front nervlich nicht standhalten, weil sie binnen kurzem traumatisiert werden, ging man dazu über, militärische Spezialeinheiten zu entwickeln – die „SS“ war eine solche Spezialeinheit -, die auch noch unter den unmenschlichsten Bedingungen zuverlässig funktionieren soll(t)en (ausführliche Informationen zum Thema Mind-Control im Buch Hypnose, Bewußtseinskontrolle, Manipulation von Hans Ulrich Gresch, Teil 5: „Bewußtseinskontrolle im Kalten Krieg“).

Da es alles andere als einfach ist, ein Individuum in einen hörigen Sklaven zu verwandeln, beginnt man mit der Durchführung der folterbasierten Mind-Control so früh wie möglich, meint: Man setzt dieser brutalsten aller Dressurformen in der Regel bereits Kinder im Kleinkindalter aus. Was das für die Betroffenen bedeutet, kann man sich unschwer vorstellen: die Hölle auf Erden, das Über-sie-Hereinbrechen einer ununterbrochenen Abfolge schwerster psychophysischer Traumatisierungen.
Die „Bewußtseinskontrolleure“ (Gresch) – Ärzte, Psychiater und andere „Psychospezialisten“ – brechen in den Geist ihrer Opfer ein und zersplittern bzw. spalten das erst rudimentär entwickelte Selbst des Kindes in verschiedene Persönlichkeitsfragmente – „ego-states oder self-states“ genannt -, um diese ihren Wünschen entsprechend zu dressieren. Anschließend werden die dressierten Persönlichkeitsfragmente durch amnestische Barrieren vor der Entdeckung durch das Wach- bzw. durch das Ichbewußtsein des Kindes und späteren Erwachsenen geschützt. Dadurch wird sichergestellt, daß die bewußte Alltags- oder „Frontpersönlichkeit“ (Gresch) des Opfers von der an ihr vorgenommenen Mind-Control-Programmierung nichts ahnt und dem Anschein nach ein ganz „normales Leben“ führt.
In Wirklichkeit wird das Verhalten der Opfer aber von den dressierten und im Unbewußten verborgenen Persönlichkeitsfragmenten bestimmt, den schwertraumatisierten, gänzlich von Angst beherrschten Anteilen, die den Opfern in der Regel nur ein Leben auf Sparflamme erlauben, weil sie diese etwa dazu nötigen , einen Teil ihrer Gefühle fortwährend zu unterdrücken. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Mind-Control-Programmierung besitzen diese Anteile außerdem die Macht, das Kommando über die Front- bzw. Ichpersönlichkeit an sich zu reißen und diese dazu zu zwingen, die von den Bewußtseinskontrolleuren im Zuge der Dressur eingepflanzten Befehle auszuführen, ohne daß sich die Ichpersönlichkeit daran später erinnern kann.

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Weil die Bewußtseinskontrolleure bei der Dressur eine Vielzahl ausgeklügelter Foltermethoden anwenden (vgl. die Definition der Mind-Control weiter unten), ist es keine Übertreibung, Mind-Control-Programmierungen in ihrer Grausamkeit mit den Menschenversuchen der Nazis zu vergleichen. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die Nazis sogar selbst Mind-Control-Experimente an Kindern und Erwachsenen durchgeführt. Wenn dem so ist, dann darf es als sicher gelten, daß das amerikanische Militär die Aufzeichnungen der Nazis über diese Experimente an sich gebracht und ausgewertet hat. Darauf aufbauend, hat die CIA seit den 50ern dann selbst umfangreiche Mind-Control-Experimente durchgeführt – etwa im Rahmen des „Gehirnwäscheprojekts“ MKULTRA -, setzt diese höchstwahrscheinlich bis heute fort.
Viele der Mind-Control-Spezialisten – Psychowissenschaftler, Ärzte, Führungsoffiziere -, die hochrangige Funktionen bekleiden, halten sich nicht nur für eine auserwählte Elite, sondern stufen die Mind-Control-Programmierung auch als das beste, weil effektivste „Traingsprogramm“ der Welt ein, um aus dem schwachen und unbeständigen „Tier Mensch“ eine knallharte, sich jeder Situation blitzschnell anpassen könnende „Kampf- und Tötungsmaschine“ oder, je nach Eignung und Bedarf, einen vollends emphatielosen „Herrenmenschen“ – etwa einen skrupellosen Führungsoffizier – zu machen (wer die Dressur nicht durchsteht, der taugt halt nichts). Einige sind sogar stolz darauf, ihren Kindern die „Teilnahme“ an einem solchen Programm ermöglichen zu können (ja, so krank kann man sein!).
Derartige Gruppen existieren selbstverständlich nicht nur in den USA, sondern fast überall in der westlichen Welt. Sie spielen Gott und lieben es, im Geheimen zu operieren, obskure Geheimgesellschaften und destruktive Kulte zu gründen, sich in dunkle Roben zu hüllen, blutige Rituale durchzuführen. Ernst Jünger hat diesen Typus treffend charakterisiert: „(…) Ihm war die kalte, wurzellose Intelligenz eigen und auch die Neigung zur Utopie. Er faßte wie alle seinesgleichen das Leben als ein Uhrwerk auf, und er erblickte in Gewalt und Schrecken die Antriebsräder der Lebensuhr. Zugleich erging er sich in Begriffen einer zweiten und künstlichen Natur, er berauschte sich am Dufte nachgemachter Blumen und den Genüssen einer vorgespielten Sinnlichkeit. Die Schöpfung war in seiner Brust getötet und wie ein Spielwerk wiederaufgebaut. Eisblumen blühten auf seiner Stirn. Wenn man ihn sah, mußte man an den tiefen Ausspruch seines Meisters denken: ,Die Wüste wächst: weh dem, der Wüsten birgt!‘(…)“
Eisblumen blühen auf ihrer Stirn! Und man darf hinzufügen: Das eigentliche Ziel dieser Unmenschen ist die totale Verwüstung der menschlichen Natur, um auf den Trümmern ein von ihnen kreiertes vollends destruktives inneres Kontrollsystem zu errichten, durch das der Geist in Ketten gelegt werden soll.

Eines der Opfer vertritt die Ansicht, daß die meisten Techniken noch nicht ausgereift seien, sich noch im Versuchs- und Entwicklungsstadium befänden – und bezeichnet sich und die anderen Opfer daher als menschliche Versuchskaninchen. Wie weit die Mind-Control-Methodik inzwischen gediehen ist, wie erfolgreich die Bewußtseinskontrolleure heute darin sind, aus einem Menschen einen hörigen Sklaven zu machen – wer vermag das schon einzuschätzen? Eines sei jedoch zur Beruhigung gesagt: Den Persönlichkeitskern ihrer Opfer können sie nicht zerstören! Gresch führt aus: „(…) Das Opfer einer Bewußtseinskontrolle durch Persönlichkeitsspaltung ist also kein Roboter im technischen, sondern nur im fiktiven Sinn. Es unterwirft sich der Fiktion, ein Sklave ohne eigenen Willen zu sein, weil dies subjektiv die einzige Möglichkeit ist, lebenslänglicher Folter zu entgehen.“
Das Thema torture-based mind control würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen; daher sei abschließend die folgende umfassende Definition der US-amerikanischen Psychologin Ellen P. Lacter wiedergegeben, einer Expertin auf dem Gebiet komplexer Traumatherapie (ich bitte um Verständnis dafür, daß ich den Text im Original wiedergebe). „I define torture-based mind control as the systematic application of 1) acute torture, including pain, terror, drugs, electroshock, sensory deprivation, oxygen deprivation, cold, heat, spinning, brain stimulation, and near-death, and 2), conditioning, including coercive hypnosis, directives, illusions (staged tricks, film, stories), spiritual threats, manipulation of attachment needs, and classical, operant, and fear conditioning, to coerce victims to form altered mental states, including a) hyper-attentive blank slate (tabula rasa) mental states that arise spontaneously in response to perceived threat to physical survival, and are completely attuned to external stimuli, ready to do what-ever is needed to survive; b) self-states that spontaneously form in response to threat to psychic survival, that is, levels of mental anguish that exceed the tolerance of all previously existing ego-states, and that are mentally registered apart (dissociated) from previously existing ego-states; c) ego-states that develop more gradually through conditioning, all three of which are subjected to programmer strategies to define, control, and install within them perceptions, beliefs, fear, pain, directives, information, triggers, and behaviours, to force victims to do, feel, think, and perceive things for the purposes of the programmer, including execution of acts that violate the victims volition, principles, and instinct for self-preservation, and to cause ego-states that usually have executive control of mental functions (the host, front, or apparently normal personality) to have no conscious memory for the torture, conditioning, programming, controlled ego-states, or executed programmed behaviours. (…)“

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Vielleicht wundert sich jemand darüber, weshalb ich ein scheinbar abseitiges Gebiet wie die Mind-Control in diesem Buch überhaupt thematisiere? Aus verschiedenen Gründen. Um darauf hinzuweisen, daß Institutionen wie die Geheimdienste geltendes Recht im Namen der nationalen Sicherheit fortwährend brechen, auch im Inland. Um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie weit die Methoden inzwischen gediehen sind, die menschliche Natur wissenschaftlich-technisch zu manipulieren und zu verwüsten und durch eine künstliche „zweite Natur“ zu ersetzen.
Um zu zeigen, daß manche der Menschenversuche, wie sie von den Nazis in den KZs durchgeführt wurden, nicht etwa der Vergangenheit angehören, sondern unter veränderten Vorzeichen in den westlichen Zivilisationen fortgeführt werden, auch an Kindern! Um zu veranschaulichen, welch einen ungeheuren Aufwand gewisse Organisationen betreiben, gerade auch in finanzieller Hinsicht!, um Menschen in empathielose Killermaschinen – sog. Manchurian Candidates – zu verwandeln.
Vor allem aber, um darauf aufmerksam zu machen, daß es sich bei den Mind-Control-Experimenten nicht etwa um die Machenschaften einiger durchgeknallter Dunkelmänner handelt, also um eine vernachlässigbare Ausnahmeerscheinung in unserer Gesellschaft, wie man vielleicht glauben oder hoffen mag; sondern um die ekle Spitze des gesellschaftlich organisierten Kindesmißbrauchs in der Hypermoderne, um einen der vielen Auswüchse jenes seit Jahrtausenden im Namen der Erziehung gesellschaftlich sanktionierten und exekutierten Kindesmißbrauchs in der westlichen Welt.
Wie grausam die Mind-Control-Techniken auch sind, wie unvorstellbar sadistisch und geradezu abartig das alles auch ist, diese Art des Kindesmißbrauchs ist, im großen ganzen gesehen, nicht mehr als die konsequente Fortsetzung, Systematisierung, Perfektionierung all jener in unserem Kulturkreis von Anfang an tief verwurzelten Erziehungs- oder vielmehr Dressurmethoden, die dazu anleiten, „(…) so früh wie möglich dem Kind seinen Willen zu nehmen, seinen Eigensinn zu bekämpfen, und es immer im Gefühl der eigenen Schuldigkeit und Schlechtigkeit zu belassen (…)“; denn, wie es in einer „Erziehungsschrift“ von 1748! ganz unverblümt heißt: „(…) Die Kinder vergessen mit den Jahren alles, was ihnen in der ersten Kindheit begegnet ist. Kann man da den Kindern den Willen nehmen, so erinnern sie sich hiernach niemals mehr, daß sie einen Willen gehabt haben.“
Bei diesen Worten treten auch dem heutigen Bewußtseinskontrolleur vor Freude die Tränen in die Augen.

Um es zuzuspitzen: Der im Namen der Erziehung gesellschaftlich sanktionierte und organisierte Kindesmißbrauch gehört zur westlichen Zivilisation wie das Amen zur Kirche, wurde in der von Philosophen und Historikern traditionell verklärten „abendländischen Kultur“ von Anfang an kultiviert und bildet gleichsam den häßlichen „Bodensatz“, auf dem sich das europäische Patriarchat überhaupt erheben konnte (daß dies auch für andere Kulturkreise gilt, ist sonnenklar, interessiert hier aber nicht).
Auch wenn man es nicht wahrhaben, nicht ertragen will, es hilft nichts: der gesellschaftlich exekutierte Kindesmißbrauch – also die Opferung des Kindes für die Bedürfnisse, Zwecke und Interessen der Eltern und der Gesellschaft (für gewöhnlich stimmen die Wertvorstellungen und Interessen der Eltern mit den Wertvorstellungen und Interessen einer spezifischen Gesellschaftsschicht überein) – war und bleibt die psychophysische Grundvoraussetzung für das reibungslose Funktionieren der in der westlichen Hemisphäre zur Herrschaft gebrachten Moralen. Ob man die Wertesysteme der hellenisch-römischen Herrenmoral, der christlichen Doppelmoral oder der Hybridformen der Moral (vgl. Wir sind Krise, Band I) heranzieht, psychologisch gesehen setzte bzw. setzt ihr Funktionieren immer den organisierten Kindesmißbrauch voraus, weil nur dadurch gewährleistet wird, daß das „wahre Selbst“ – das Ganzheitsempfinden des Kindes, „die Ganzheit seiner Gefühle“ (Alice Miller) – zuverlässig in mindestens zwei feindlich entgegengesetzte psychische Dimensionen aufgespalten wird, ins Über-Ich und ins Es bzw., in krasseren Fällen, in mehrere ego-states. Nur so konnte es gelingen und gelingt es, derart widernatürliche Wertvorstellungen wie „das Weibliche ist schlecht“ (hellenisch-römische Herrenmoral) oder gar „die wirkliche Welt ist böse“ (christliche Doppelmoral) dauerhaft in der Psyche eines Individuums zu verankern und in diesem die Überzeugung hervorzurufen, daß diese gewaltsam eingepflanzten Wertvorstellungen zu seiner Natur gehören.
Es gilt: Der gesellschaftlich organisierte Kindesmißbrauch ist das Gleitmittel für das Funktionieren des Patriarchats und des kapitalistischen Systems. Denn die psychophysische Wirksamkeit der in unserem Kulturkreis zur Herrschaft gelangten moralischen Imperative/Werte/sozialen Normen beruht immer schon auf der im Namen der Erziehung vom Kollektiv auf psychischer Ebene vollzogenen Traumatisierung und dauerhaften Dissoziierung von Kindern.

Das „Ich“!!! Geiles Teil oder obskure Macht?

Für alle und keinen: der „Wettbewerb des Geistes II“. Kein Beitrag zum Projekt „Deutschland, Land der Ideen“.

Die Preisfrage
Die Preisfrage „Wer bin ich?“ gewinnt stetig an Brisanz. Schrieb Gottfried Benn noch in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts „Natürlich höre ich die große Frage der Zeit: Ich oder Gemeinschaft, Hingabe an den sozialen Verband oder Selbstgestaltung“, so scheint aus heutiger Sicht kein Zweifel daran zu bestehen, daß man sich in Europa nach 1945 für den Individualismus entschieden hat. Aber stimmt das auch?

Die Aufgabe
Trage dazu bei, das geistige Vakuum, das sich in den hypermodernen westlichen Gesellschaften festgesetzt hat, zu beseitigen und schreibe eine Erlebnisgeschichte, in der du dich einer gedanklichen Autopsie unterziehst. Folgende Fragen sollen dich dabei leiten:
Bist du, oder bist du nicht? Wer bist du? Wie sehr bist du? Wohin geht die Reise? Und: Hast du überhaupt eine Fahrkarte gelöst?
Bzw.: Untersuch dein Ich, falls erforderlich unter Zuhilfenahme von Größen wie „Über-Ich, Animus, ego-states, Schatten, Es“, und frage dich: Was ist das? Was soll das? Soll das überhaupt was?
Vergleiche den Stand deines Individualisiertseins mit dem der anderen. Spekuliere: Hat der Prozeß der Individualisierung seinen Höhepunkt in den westlichen Zivilisationen bereits erreicht, ihn gar überschritten? Oder kommt da noch was?

Bewege dich dabei frei und ungezwungen, doch bedenke: Es bietet sich an, konkrete Alltagsphänomene deiner individuellen, scheinindividuellen oder nichtindividuellen (Selbst-)Entfaltung zu beschreiben, etwa deinen Aufenthalt im Fußballstadion, in der Uni oder im „Berghain“.
Die Länge deines Texts soll möglichst drei A4-Seiten in Schriftgröße 12 Times New Roman nicht übersteigen. Was tun mit dem Text? An geeigneter Stelle im Netz veröffentlichen und als Beitrag zum „Wettbewerb des Geistes“, Teil II, kennzeichnen; denn wer weiß? Vielleicht wird ja irgendwann ein Verlag auf das Ganze aufmerksam?

Zu gewinnen gibt es abgefahrene Selbsterkenntnisse.

Das „Berlin Last Masters“

Das „Berlin Last Masters“ ist ein zynischer Spaßevent, der die hierzulande herrschenden politisch-ökonomischen Verhältnisse anschaulich zum Ausdruck bringt.
Es handelt sich dabei um ein Golfturnier, das ausschließlich für Reiche und Superreiche aus aller Welt ausgerichtet und im innerstädtischen Bereich in Berlin durchgeführt wird.

Zwischen Zoologischem Garten und Rotem Rathaus wird für die Dauer des Turniers ein geeigneter Parcours  abgesteckt. Dieser führt durch den Tiergarten und entlang der Straße des 17. Juni vorbei am Brandenburger Tor hin zum Rotem Rathaus. Der Abschlag erfolgt auf dem Dach des Europa-Centers.

Der Bereich wird während des Turniers geräumt und streng abgeschottet. Als Zuschauer sind nur handverlesene VIPs und Journalisten zugelassen.
Exklusiver Verkauf der Senderechte an den meistbietenden Sender. Werbung und Marketing übernimmt die Gesellschaft „Partner für Berlin“. Teilnehmerzahl: 50. Teilnahmegebühr: 1.000.000 €.

Goethe und Hegel auf dem Gipfeltreffen der untoten Denker

„Die Eitelkeit der Religionsstifter und Philosophen findet naturgemäß darin ihren Ausdruck, daß sie sich in geistig-moralischer Hinsicht als Weltpolizei aufspielen.“ (I. Kant)

In den MTV-Studios, Berlin 1998

Und siehe: In einer Fernsehshow, „Lesezirkel“ genannt, geschah’s. Dorthin hatte der Stuckrad-Barre zum „Treffen der untoten Denker“ geladen. Daraus gab es kein Entrinnen.
Also trat auch ER nochmals öffentlich auf. Goethe. Der Große. Gemeinsam mit dem „Gespenst“ (W.R. Beyer, 1980) Hegel ging er dort um – und wie auch nicht? Als Untote geistern sie umher. Dazu verdammt, dem Ruf der Gelehrten und anderer Geisterbeschwörer zu folgen.
Während die meisten noch plan- und ziellos diskutierten, veranstalteten Goethe und Hegel ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Anfang an. Souverän beschleunigten sie aus der Pole-Position und ließen das übrige Feld schon bald hinter sich. Ja, auch den Stuckrad-Barre. Obwohl der auch diesmal seine gefürchtete Profilneurosenpeitsche mit sich führte. Gerade, als er damit wieder zu einem nervtötenden Knall ansetzte – siehe: da ging von den Köpfen Goethes und Hegels ein wundersames Leuchten aus, so daß alle in Ehrfurcht erstarrten. Wärmend, erhellend, ja alles und jeden erleuchtend verbreitete sich ein weißes Licht im Raum, bis die Meisterdenker jeweils ein überdimensionales Kondom hervorzogen und sich daranmachten, es sorgfältig und gekonnt über den eigenen Kopf zu streifen; so, als handle es sich nicht um Kondome, sondern um die schönsten geflügelten Helme. Begannen sodann ein genußvolles Rubbeln, jeder für sich und doch synchron; die Hände mal eher schnell, mal eher langsam seitlich kopfaufwärts und -abwärts bewegend.
Alle starrten wie verzaubert auf die vollkommenen Bewegungen der Geistestitanen und lauschten ihrer gedanklichen Odyssee, die zuerst durch Raum und Zeit führte, dann durch das Reich der Metaphysik und durch das Sein-Nichtsein-Kontinuum, bis sie eine „Kehre“ (Heidegger) vollzogen und das Ganze von vorn begann. Lange starrte man offenen Mundes, bis das Geschehen seinen Höhepunkt erreichte und Goethe und Hegel die abendländische Metaphysik gemeinsam vollendeten. Alles ging sehr schnell: ihr heute schon legendäres Einbiegen in die Zielgerade ihres Denkens; das Erreichen des Höhepunkts; das sichere Auffangen der Gedankenejakulate durch das bewährte Safer Thinking, um die Urheberschaft nachweisen zu können. Dann die Ruhe nach der Eruption. Das sprachlose Staunen des Publikums. Das gekonnte Abstreifen der Kondome. Die anschließende Auswertung. Und schließlich das Ergebnis: „Alles ist eins und zwei zugleich.“
Lange standen die Worte unangetastet im Raum. Bis Nachfragen aus dem Publikum kamen, und Hegel erklärte: „Das Absolute selbst aber ist darum die Identität der Identität und der Nichtidentität; Entgegensetzen und Einssein ist zugleich in ihm.“
Wieder schwebte das Gesagte lange im Raum. Zu lange diesmal. Denn der zeitweilig paralysierte Stuckrad-Barre brach erneut mit furchtbarer Gewalt über die Anwesenden herein, so daß die Veranstaltung aus dem Ruder lief. Da entwichen Goethe und Hegel durch die Hintertür.
Draußen erwartete sie schon ihr Chauffeur, am Steuer einer Stretchlimousine sitzend. Und sie hinein, von Spitzenmodellen der Marke „Silicon Mountain“ lautstark begrüßt. Champagner wurde ausgeschenkt, und die Fahrt ging los! Am schönsten von allem aber war die Gewißheit, daß sie die abendländische Metaphysik vollendet hatten. Relativität hin oder her, der Gipfel des Mount Cleverest – erklommen war er. Erklommen von ihnen, das Absolute zu besingen: den Gott aller Götter und Vater aller Möglichkeiten, den Weltgeist!

Ein Auszug aus „Wir sind Krise“, Band I. Aphorismen

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Weil man die moralischen Empfindungen mit den Gefühlen verwechselt, setzt man Fühlen und moralisches Empfinden gleich – und lebt vor sich hin, ohne von diesem Selbstbetrug auch nur etwas zu ahnen.

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Er befreite seine Gefühle. Entfaltete sie. Bildete sie aus – und entdeckte eine neue Welt.

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Angst und Wut, Freude und Trauer, Neid und Haß, Niedergeschlagenheit und Melancholie, Liebe und Verliebtheit: so lauten einige der Titel, mit denen man emotionale Vorgänge in einer grob vereinfachenden Weise bezeichnet. Dies in der Absicht, eine ungeheure, vom Ichbewußtsein nicht erfaßbare Komplexität wenigstens oberflächlich verstehbar, handhabbar, verhandelbar zu machen.
Tatsächlich beschränken sich unsere Erfahrungen bisher weitgehend auf die Wirkmacht jener durch eine moralische Dressur umfunktionierten Emotionen, weil diese unser Gemüt ungleich heftiger bewegen als die Gefühle, die unversehrt geblieben sind. Man weiß nur zu gut, wovon ich spreche: von den wertezentrierten Gefühlskomplexen wie den Obsessionen, Depressionen, Neurosen und narzißtischen Störungen, die ihre das Ich negativ tangierende Wirkung stets mit lärmender Brutalität entfalten. So daß man sagen kann, daß wir Modernen primär nur mit den Symptomen des Krankheitsverlaufs des inneren Empfindens Bekanntschaft schließen konnten und uns eingestehen müssen, das Reich der Gefühle bisher nur gestreift zu haben.
Die moralbedingte Umfunktionierung der Emotionen ist auch eine der Ursachen dafür, daß so viele wissenschaftliche Arbeiten als lebensferne Begriffskonstrukte daherkommen bzw. als Aneinanderreihungen sinnenfeindlicher Abstrakta, während manche Werke der Kunst, und insbesondere der Musik, oft das kreischende Gegenextrem dazu bilden: auf der einen Seite herrscht der Mangel an Gefühl, auf der anderen die Hypertrophie einer Leidenschaft.

Ein Auszug aus „Wir sind Krise“, Band I. Aphorismen

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Die moralbedingte Aufspaltung von Geist und Körper, Ich und Selbst, Verstand und Gefühl wurde von den Architekten der Metaphysik dadurch sanktioniert, sanktifiziert, daß sie die Metaphysik verabsolutierten, sie zur Königsdisziplin der Philosophie erhoben.
Wenn es auch nachvollziehbar ist, daß man damals, als Pionier des spekulativen Denkens, noch darauf hoffte und hoffen konnte, der Existenz einer wahren unveränderlichen „Hinterwelt“ (Nietzsche) auf der Spur zu sein, einem Paralleluniversum, in dem alle Ideen enthalten und Raum und Zeit, Werden und Vergehen entrissen sind, – so hat sich die Verabsolutierung der Metaphysik, wie man heute nur zu gut weiß, doch höchst fatal ausgewirkt. Hat jenes Jahrtausende währende, vollends grotesk anmutende Streben viel zu vieler Philosophen und Wissenschaftler nach der Aufdeckung der Wahrheit der Welt nach sich gezogen. Hat zu jener Tradition des spekulativen Denkens geführt, theologisch oder ontologisch respektive „onto-theo-logisch“ hergeleitete Systeme begrifflich immer höher aufzutürmen, bis die „Wahrheit der Welt“ zu einem unmenschlichen Abstraktum geworden war. Und hat letztlich nur der Vermehrung des Leids gedient, des Leids des Menschen an sich selbst und am Leben, weil das Versprechen, das Sein des Seienden bzw. die Wahrheit der Welt erkennen und begrifflich darstellen zu können, von den Apologeten des spekulativen Denkens natürlich niemals eingelöst werden konnte.

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Unsere Irrtümer tragen meist mehr zu unserer Entwicklung bei als unsere Wahrheiten – und erweisen sich zudem als bekömmlicher, weil sie uns nicht besetzen.

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Seltsam: Indem wir die Wirklichkeit erforschen, erfassen und erschaffen wir sie, beides zugleich. Wenn wir wenigstens um das prozentuale Verhältnis zwischen Erfaßtem und Erschaffenem in unseren Forschungsergebnissen wüßten!

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Mit dem Begriff „abstraktes Bewußtsein“ bezeichne ich eine Verstandestätigkeit, die auf Distanz beruht, nämlich auf der willentlich eingenommenen Distanz des bewußt Agierenden zu sich und der Welt. Ich spreche von jener Art des rationalen Ausgreifens und Aneignens, wenn sich ein Teil des Bewußtseins vom Ich abgesondert hat und um die Dinge wie ein Netz herumlegt, um darin den Abglanz der Welt einzufangen und vom Dinglichen abzulösen und in abstrakte Formen oder Begriffe zu überführen.
Kein Zweifel, dieses sich mittels der Vorstellungskraft des rationalen Denkens vollziehende Abstrahieren der Welt ist von ganz eigener Qualität, verfügt über einen eigenen Zauber und Glanz – und dennoch: Bleibt nicht immer das Unbehagen, daß der abgesonderte Teil des Bewußtseins vielleicht verlorengehen könnte? Den Weg zurück nicht mehr findet?
Und was geschieht zuletzt mit den Eindrücken und „Erkenntnissen“, die man auf diese Weise gewonnen hat? Verblassen sie nicht schon bald zu nichtssagenden Schemen? So daß man sich nach jedem derartigen „Außer-sich-gewesen-sein“ immer ein wenig ärmer fühlt? Als stünde man danach mit leeren Händen und mit leerem Herzen da?
Meine Instinkte und Gefühle jedenfalls warnen mich davor. Sie begreifen diese Art der Verstandestätigkeit, die etwas anderes ist als ein mit den Sinnen und Gefühlen verbundenes Denken, als einen gefährlichen Bruch im Prozeß meiner Selbstentfaltung, als etwas Auflösendes, Schwächendes, Ungesundes – und wie käme ich dazu, das Urteil meiner Instinkte anzuzweifeln? Würde ich dadurch nicht zur Beute des „abstrakten Bewußtseins“?

Eine Anmerkung aus aktuellem Anlaß (Marx-Jahr 2018). Ein Auszug aus „Wir sind Krise“, Band I

Die Ideologie des Marxismus (sic) – gemeint ist das politisch-gesellschaftliche Ideengebäude des Marxismus, nicht die Marxsche Analyse der Funktionsweise des kapitalistischen Systems – ist mithin nichts weiter als ein aus der bürgerlich-liberalen Ideologie abgeleitetes „Derivat“, die Fortsetzung und Zuspitzung nämlich jener vom revolutionären Bürgertum erst vehement propagierten und aber durch die gewaltsame Etablierung des kapitalistischen Herrschaftsapparats schon bald verratenen und verkauften sozialrevolutionären Ideale.
Die herrschende moralische Struktur spaltet die Welt grundsätzlich in zwei diametral entgegengesetzte Seinsdimensionen. In der bürgerlichen Doppelmoral etwa wurden einerseits die Ideale „Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit“ verabsolutiert, während andererseits, in der „realen Dimension“, also in der realen Menschenwelt, die kapitalistische Klassengesellschaft etabliert wurde, um von den Profiteuren des Systems seitdem als beste Herrschaftsform aller Zeiten gepriesen zu werden. Es bietet sich mithin an, die herrschende moralische Struktur in Form eines gewöhnlichen Bruchs darzustellen. Im Zähler steht immer die ideale Welt: die Welt und der Mensch, wie sie den herrschenden Idealen nach sein sollen, im Nenner stets die reale Welt, die wirklichen gesellschaftlichen Herrschaftsstrukturen.
Ich denke, der Widersinn, „Ohne-Sinn“ (Nietzsche) dieser Struktur leuchtet unmittelbar ein? Nicht nur die Unvereinbarkeit der Dimensionen mußte sich früher oder später verheerend auswirken, sondern vor allem auch die irrsinnige Annahme, daß die Verwirklichung der idealen Dimension tatsächlich möglich sei. Und eine derartige moralische Struktur liegt, wie billig, auch der Ideologie des Marxismus zugrunde. Auch hier haben wir im Zähler wieder die ideale Welt – hier: die „klassenlose Gesellschaft“ –, also das gesellschaftliche Endziel der marxistisch-kommunistischen Mission; und im Nenner die konkrete Herrschaftsform – hier: die „Herrschaft der Arbeiterklasse“ bzw. die „Diktatur des Proletariats“ –, die gewaltsam durchgesetzt und so lange aufrechterhalten werden soll, bis der angestrebte gesellschaftliche Idealzustand eintritt.
Marx schrieb: „Was ich neu tat, war 1. nachzuweisen, daß die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist; 2. daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt; 3. daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zur klassenlosen Gesellschaft bildet.“35 Und der sozialistische Vordenker Antonio Gramsci ergänzte: „Im Interesse ihrer Existenz und ihrer Entwicklung muß die Proletarische Diktatur einen betont militärischen Charakter annehmen.“36

Und so ist man bekanntlich auch verfahren, sei es im Bolschewismus, im Stalin-Sozialismus oder im Maoismus. Immer wurde der Bevölkerung sonstwas versprochen, und fast immer lief die Herrschaft der staatskommunistischen Regimes in Wirklichkeit auf die Unterdrückung und (versuchte) Gleichschaltung der Bevölkerungsmehrheit hinaus, phasenweise auch auf Terror und auf die Ausübung blutiger Gewalt. Und das nicht allein deswegen, wie einige hoffnungslose Idealisten nicht müde werden zu beteuern, weil der real existierende Sozialismus ein Fehlversuch gewesen sei, ein unter ungünstigen Bedingungen aus dem Ruder gelaufenes Experiment; sondern, und das ist der springende Punkt, weil die marxistische Ideologie die Diktatur einer proletarischen Führungsriege als ein notwendiges gesellschaftliches Übergangsstadium auf dem Weg zur „klassenlosen Gesellschaft“ festgeschrieben und dadurch moralisch sanktioniert hat.
Damit gibt sich der Marxismus als eine Hybridform der Moral zu erkennen, weshalb der real existierende Sozialismus dem sozialen Fortschritt und der Emanzipation des Menschengeschlechts immer nur dem Ideal nach verpflichtet war und in Wirklichkeit die Unterdrückung der Bevölkerung sowie die Ausbeutung und Zerstörung der Natur betrieben hat: so daß viele der Vordenker und Führer des Kommunismus als scheinheilige Tyrannen eingestuft werden müssen, als Propagandisten und/oder Vollstrecker einer im Namen der Gleichheit und Gerechtigkeit geheiligten Diktatur.
Um es nochmals auf den Punkt zu bringen: weil die Hybridformen der Moral Auswüchse der christlichen Doppelmoral sind, dienen sie ihrer Struktur gemäß immer nur der Verwirklichung der „Apokalypse“, also der im Namen der Erzeugung eines Neuen Menschen oder im Namen der Schaffung einer angeblich besseren Gesellschaft exekutierten Verwüstung der Wirklichkeit (Erde, Natur) und des wirklichen Menschen. Ob im Liberalismus-Kapitalismus oder im real existierenden Sozialismus-Kommunismus, immer findet sich dieser Zusammenhang, immer wurde im Namen der Optimierung des Menschen und der (Menschen-)Welt sowohl ein auf die Unterdrückung und Gleichschaltung der Bevölkerung als auch auf die Ausbeutung und Zerstörung der Natur gleichermaßen perfekt abgestimmtes Herrschaftssystem etabliert und mit allen Mitteln am Laufen gehalten.

Ein Auszug aus „Wir sind Krise“, Band I

Mehr als 100 Jahre nach Nietzsches bahnbrechender Vorarbeit hat es sich sogar bis in die Reihen der akademischen Zunft herumgesprochen, daß in dem vorrangig aus Texten geknüpften „Bedeutungsgewebe“ der Philosophie und Wissenschaft Aussagen von rein objektivem Charakter nicht vorkommen – und daß die Fähigkeit, derartige Aussagen zu treffen, auch weiterhin nur den Göttern und verwandten Wesenheiten vorbehalten bleibt. Daher werden sich vermutlich auch nur wenige daran stoßen, daß ich im zweiten Kapitel keine geschichtswissenschaftliche Untersuchung vorlege, sondern eine auf den Ergebnissen der kulturwissenschaftlichen, tiefenpsychologischen und historischen Forschung basierende geschichtsphilosophische Abhandlung. Vorsichtshalber sei dennoch daran erinnert, daß ich mich als Philosoph der historisch-kritischen Methodik der Geschichtswissenschaft nicht unterwerfen darf, weil ich das Thema sonst aus der Winkelperspektive des Fachmanns betrachten und dadurch aufhören würde, Philosoph zu sein (dies ist keine Kritik der Wissenschaftsdisziplinen und ihrer methodischen Verfahren!).
Was ist ein Philosoph? Ein Erforscher, Interpret und Kritiker der Moral und ihrer Wirkungsgeschichte, der geschichtlich in Erscheinung getretenen Werte und Wertekonstellationen sowie der Machtverhältnisse, die durch sie zementiert wurden. Mitunter ist er auch ein Schöpfer von Werten oder ein Architekt der Moral oder ein im Reich der Psyche schweifender Krieger oder ein Komponist, der das Auf und Ab im herrschenden Wertegefüge kunstvoll in Sprache setzt (Goethe z.B.); niemals aber ist ein Philosoph bloß Gelehrter, Wissenschaftler, Theoretiker und Beobachter des Lebens, sondern, wie jeder echte Künstler auch, ein Schaffender aus innerer Notwendigkeit, Mund und Auge und Ohr und Hand des ihn ausfüllenden Lebens.
Was ist das Leben des geistig Schaffenden? Ein Kreislauf der Selbsterfahrung, des Eingeweihtwerdens ins Selbst.
Es sollte sich auch niemand groß daran stoßen, daß ich, im Unterschied zu den Vertretern der Postmoderne, am Begriff der „Hochkultur“ und dem damit verbundenen Privileg festhalte, Scheißdreck auch weiterhin als Scheißdreck zu bezeichnen – die Klangerzeugnisse der Gruppe Modern Talking etwa – und Schwachsinn auch weiterhin als Schwachsinn, etwa die dummdreiste Pseudopolitik der SPD, FDP, AfD. Gegen die in der Postmoderne vorgenommene Erweiterung des Kulturbegriffs ist selbstredend nichts einzuwenden; allerdings wird wohl niemand ernsthaft bestreiten, daß sich etwa auch im Bereich der „Jugendkultur“ große Qualitätsunterschiede bei künstlerischen Erzeugnissen feststellen lassen.
Doch zurück zur „Erwachsenenkultur“! Eine zeitlos gültige Unterscheidung der sich in der kapitalistischen Kultursurrogatproduktion Verdingenden von den Kulturschaffenden hat Heinrich Heine en passant in folgendem Satz fixiert: „(…) sie lassen ihr Schifflein ruhig fortschwimmen im Rinnstein des Lebens, und kümmern sich wenig um den Seemann, der auf hohem Meere gegen die Wellen kämpft; (…)“